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Deutsch-polnische Partnerschaft

Natalia Krasowska
Trainerin, interkulturelle Pädagogin, Koordinatorin des Programms Service-Learning in Sachsen

Ihr Kopf ist leicht gesenkt, ihre Stirn gerunzelt und ihre Hände sind verschwitzt. Ulrike fühlt sich unwohl, denn gleich wird sie sich zum ersten Mal mit ihrer neuen Austauschpartnerin aus Polen treffen. Sie betritt einen kleinen, gemütlich eingerichteten Raum an der Schule, die ihre Partnerschule werden soll. Zu ihrer großen Überraschung ähnelt der Raum eher einem Café mit Gemälden an den Wänden, Holzmöbeln, satt-grünen Blumen auf der Fensterbank, dem Duft von Kaffee und frischen Erdbeeren. Die neue Bekannte steht vom Sofa auf und streckt mit einem breiten Lächeln ihre Hand aus, um sie zu begrüßen. Innerhalb weniger Sekunden vergisst Ulrike all die Befürchtungen, die sie seit fünf Wochen begleitet haben, seitdem sie und Maja diesen Termin zur Vorbereitung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Austauschprojekts ausgemacht hatten.

Das Beispiel spiegelt die Vielfalt wider, der wir bei jedem deutsch-polnischen Treffen begegnen. Maja arbeitet in einer kleinen Schule mit gemütlichen Räumen und einem Schulgarten, in dem Salbei wächst. Sie hatte bisher keinerlei Berührungspunkte mit Schülerinnen und Schülern aus einem anderen Land, und das Thema Religion kommt entweder gar nicht auf oder bezieht sich automatisch auf den Katholizismus. Ulrike unterrichtet seit mehr als zehn Jahren an einer großen Schule mit komplexer Organisationsstruktur, an der vier verschiedene Glaubensrichtungen vertreten sind und 50 Prozent der Schülerschaft ausländischer Herkunft ist.

Vielfalt ist ein zentrales Element des internationalen Jugendaustauschs. Durch die Einzigartigkeit jeder Teilnehmerin und jedes Teilnehmers ist sie bei den Begegnungen immer präsent. Bei der Organisation von Jugendaustauschprojekten ist es sehr wichtig, verschiedene Aspekte von Vielfalt zu berücksichtigen, wie Religion, Kultur, ethnische Herkunft sowie Migrations- oder Fluchterfahrung. Eine gute Lösung ist, die Begegnung in einem internationalen Team zu planen. Dies hilft, die Bedürfnisse der jungen Menschen aus beiden Partnergruppen besser zu verstehen und im Projekt zu berücksichtigen.

Ein vielfältiges Organisationsteam kann unbekannte Fähigkeiten seiner Mitglieder zum Vorschein bringen, die für die gemeinsame Planung und die Vorbereitung von Jugendbegegnungen hilfreich sind. Dieser Ansatz kann dazu beitragen, die Qualität der Projekte sowohl organisatorisch als auch methodisch zu verbessern.

So notiert beispielsweise jedes Teammitglied auf der einen Seite eines großen Blattes seine Stärken, Interessen und Aktivitäten (z. B. „Ich kann Gruppen begeistern und zum Handeln motivieren“, „Ich bin ein Experte für Social Media“, „Ich kann reiten“) und auf der anderen Seite seine Schwächen und ungeliebten Tätigkeiten (z. B. „Ich verspäte mich regelmäßig“, „Ich bin impulsiv in Konfliktsituationen“, „Ich koche nicht gern“). Diese Zettel – ehrliche Bekenntnisse – legen wir neben den Aufgabenplan, der bei der Organisation des Austauschprojekts zu erfüllen ist, und wir vereinbaren gemeinsam, welche Kompetenzen und Fertigkeiten zu welcher Aktivität oder welchem Programmpunkt passen können. Diese Aufgabe erfordert Offenheit, Ungezwungenheit und einen konstruktiven Umgang mit Kritik.

Viele Partnerschaften denken in den Kategorien „Gastgeber” und „Gast”, die offiziellen Texten oder den Förderanträgen zufolge unterschiedliche Verpflichtungen haben.1 Um Missverständnisse und eine ungleiche Aufteilung von Verantwortlichkeiten zu vermeiden, sollten Termine für Vorbereitungstreffen und Telefonkonferenzen, Kommunikationsformen2 und die Organisationsstruktur im Voraus festgelegt werden. Am einfachsten ist es, sich zu Beginn und nach jeder personellen Veränderung im Organisationsteam detailliert auf die pädagogischen Ziele der Zusammenarbeit zu einigen.3 So werden vor künftigen Projekten langwierige Diskussionen darüber vermieden, was in das Programm aufgenommen werden soll, welche Methoden interessant sind usw.


Im Rahmen einer deutsch-polnischen Partnerschaft sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  • eine Vereinbarung zwischen den Partnern, die in Form eines Textes, einer Zeichnung, einer Karte, eines Posters oder Ähnlichem beiden Parteien eine klare Vorstellung von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den Teilnehmenden und den Partnerinstitutionen vermittelt (zunächst kann man sich auf einen Aspekt konzentrieren, z. B. auf pädagogische Stile);
  • Leitlinien, die als Aktionsrahmen bei zentralen Fragen dienen und die jede Seite individuell verfasst, z. B.:
    • Wie geht man mit verschiedenen Sichtweisen auf „Freizeit” im Programm um?
    • Wie kann man eine Auswertung des Austauschprojekts vorbereiten und durchführen, so dass alle Teilnehmenden (und nicht nur die engagiertesten) aktiv daran teilnehmen?
    • Was genau bedeutet für uns Pünktlichkeit während des Austausches?
    • Was tun wir, wenn im Leitungsteam oder in der Gruppe sehr gegensätzliche Sichtweisen aufeinandertreffen, z. B. ein Teil der Gruppe am Sonntag zum Gottesdienst gehen will, der Rest der Gruppe aber nicht damit einverstanden ist, das Programm an religiösen Gepflogenheiten auszurichten?
  • eine authentische Offenheit für das Anderssein, die den Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen als Freude, Faszination und Bereicherung erlebbar macht;
  • die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen, da die Zusammenarbeit in einem internationalen Team und das Durchführen von Projekten jedes Mal ein neues und unvorhersehbares Abenteuer sind;
  • Sinn für Humor, d. h. möglichen Konflikten mit einem Lächeln und einer gewissen Distanz zu begegnen;
  • ein Denken in der Kategorie „wir”, d. h. das deutsch-polnische Austauschprojekt als gemeinsames Werk zu betrachten.
  • 1 Obwohl die Antragsteller die Förderung für ein gemeinsames Projekt beantragen, sprechen wir je nach Land, in dem die Gruppe untergebracht ist, von einem Gastgeber oder einem Gast. Daher stellen die Begriffe „Gastgeber” und „Gast” eine Vereinfachung der Formensprache dar und beziehen sich auf die Gruppe, die die Unterkunft organisiert und die Gruppe, die die Reise organisiert.
  • 2 Tietze, Kim-Oliver / Schulz von Thun, Friedemann: Kollegiale Beratung: Problemlösungen gemeinsam entwickeln, 2003.
  • 3 Bonkowski, Frank: Team Building: 44 Aktionen, die verbinden, 2009.

Materialien auf Deutsch

  • Ulrich, Susanne / Heckel, Jürgen / Oswald, Eva / Rappenglück, Stefan: Achtung (+) Toleranz. Wege demokratischer Konfliktregelung. Praxisbuch für die politische Bildung, 2006.
  • Gellert, Manfred / Nowak, Claus: Teamarbeit, Teamentwicklung, Teamberatung: Ein Praxisbuch für die Arbeit in und mit Teams, 2010.
  • Weidemann, Sonia / Weidemann, Bernd: 75 Bildkarten für Trainings, Workshops und Teams, 2013.

Materialien auf Englisch:

  • Gardenswartz, Lee / Rowe, Anita: Managing Diversity: A Complete Desk Reference and Planning Guide, 2010.

Materialien auf Polnisch →

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