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Konflikt-ABC – die Vielfalt der Generationen

Anna Szlęk Trainerin für non-formale und interkulturelle Bildung

Wer macht sich schon bewusst, dass sich dank des enormen medizinischen Fortschritts zum ersten Mal seit Menschengedenken bis zu sechs Generationen gemeinsam einen Lebensraum teilen?

Generationen:

  • Stille Generation (manchmal auch als „Generation Radio“ bezeichnet) – geboren zwischen 1925 und 1945;
  • Generation Babyboomer – geboren zwischen 1946 und 1964;
  • Generation X (manchmal auch als „Generation MTV“ oder „Generation IKEA“, in Deutschland auch als „Generation Golf“ bezeichnet) – geboren zwischen 1965 und 1979;
  • Generation Y oder – geboren zwischen 1980 und 1994;
  • Generation Z (auch „Zoomer“, „IGen“, „Generation TikTok“ oder „Generation XD“ genannt) – geboren zwischen 1995 und 2012;
  • Generation Alpha (von der Psychologin Jean Twenge auch als „Polare Generation“ bezeichnet) – geboren zwischen 2013 und 2025.

Die Angehörigen der verschiedenen Generationen sind in unterschiedlichen historischen Epochen aufgewachsen, wurden durch unterschiedliche Ereignisse geprägt und haben daher höchst unterschiedliche Sichtweisen auf die Welt und die Menschen. Diese außerordentliche Vielfalt an Werten, Prioritäten, Positionen und Lebensmodellen erscheint auf den ersten Blick als Bereicherung, kann aber in der Realität auch zu Spannungen zwischen den Generationen führen. Und genau dieser Konflikt steht häufig im Mittelpunkt der Generationendebatte, denn zum einen scheint er ein natürliches (und zugleich unvermeidliches) Phänomen zu sein und zum zweiten lässt er sich medial gut verkaufen. Im Kern wird die eigene Generation in der Regel im besten Licht und im Gegensatz zu anderen Generationen, vor allem den nachfolgenden, dargestellt. Zu beweisen, dass die eigene Generation am besten weiß, wie gutes Leben geht (mit wohlbekannten Formulierungen wie: „Zu unserer Zeit …“, „Wir jedenfalls …“ oder „Heute ist es nicht mehr so wie früher …“), mag vielleicht Befriedigung verschaffen, bei Jüngeren provoziert dieses Verhalten jedoch Widerstand und den Wunsch dagegenzuhalten (und sich zum Beispiel in einem abschätzigen „OK, Boomer“ äußern kann). Und das Muster wiederholt sich seit Jahren: Die jüngeren Generationen halten das Denken der Älteren für überholt, und die älteren Generationen sind der Ansicht, je jünger, desto dümmer, also ist es nicht nötig, die Meinung der Jüngeren ernst zu nehmen. Doch diese Plänkeleien werden wohl eher nicht dazu beitragen, die Qualität unseres Zusammenlebens zu verbessern. Dem aber werden wir nicht entkommen, denn ob wir wollen oder nicht, werden wir uns auf verschiedenen Ebenen des gesellschaftlichen Miteinanders immer wieder begegnen. Anstatt also darüber zu streiten, wer Recht hat und wer besser weiß, wie gutes Leben geht, wäre es besser zu lernen, diesen manchmal kurvenreichen Weg gemeinsam zu gehen. Dieser Beitrag soll dazu anregen, die Rangeleien zwischen den Generationen hinter sich zu lassen und stattdessen einander kennenzulernen und Verständnis füreinander zu entwickeln.


Zoomer

Diesem Text liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei seinen Leserinnen und Lesern um Angehörige der Generationen Babyboomer, X und Y handelt, die tagtäglich mit Jugendlichen der Generation Z, den sogenannten Zoomern, zu tun haben und mit ihnen und für sie internationale Begegnungen organisieren. Sie besser kennenzulernen und zu verstehen, kann die pädagogische Arbeit erleichtern, denn an die Stelle von Jammern und Klagen kann die Suche nach Gemeinsamkeiten und Zusammenarbeit treten. Statt frustrierender Mühsal Tag für Tag wird die kaum zu bestreitende Vielfalt der Generationen so zu einem Potenzial, das genutzt werden kann. Wer also ist die Generation Z?1 In Artikeln werden Zoomer manchmal für ihre Art und ihre Einstellung zu sich selbst, zu anderen und zur Realität kritisiert. Außerdem erscheinen sie den Angehörigen früherer Jahrgänge einfach ein großes Rätsel zu sein, was ein Auskommen mit ihnen erschwert. Der polnische Journalist Marcin Meller sagte in einem Interview mit Magdalena Kuszewska und Tomasz Sobierajski: „Mit meinem georgischen Freund, Jahrgang 1973, habe ich viel mehr Themen zu bereden als mit meinem polnischen Nachbarn Mitte zwanzig.“2 Obwohl Generationenkonflikte nichts Neues sind, scheint der aktuelle, an dem die Zoomer beteiligt sind, anders zu sein. Es geht nämlich nicht mehr nur darum, dass die Jungen ihr eigenes Ding machen, ohne auf die weisen Ratschläge der Älteren zu hören. Hinzu kommt, dass der enorme soziokulturelle Wandel der letzten zwanzig Jahre das gegenseitige Verständnis erschwert. Es herrscht die weitverbreitete Ansicht, dass jede Generation durch ein einschneidendes Ereignis geprägt wird, das deren Angehörige in ihrer Jugend erlebt haben: die Studentenproteste 1968 für die Boomer, der Fall des Eisernen Vorhangs 1989 für die Generation X, die Terroranschläge vom 11. September 2001 für die Millennials oder die Corona-Pandemie für die Generation Z. Der Psychologin Jean Twenge zufolge, die viel zu diesem Thema geforscht hat, wurden die Zoomer jedoch nicht durch ein bestimmtes Ereignis, sondern durch den technologischen Fortschritt geprägt. Dieser hat die Art und Weise, wie wir leben, aber auch unser Denken, Fühlen, Verhalten wie auch unsere Beziehungen zu anderen grundlegend verändert und damit die scheinbar geltende Ordnung der Dinge auf den Kopf gestellt. Für die Angehörigen früherer Generationen stellt sich das als deutlicher und tiefgreifender kultureller Wandel dar, für die Zoomer ist es die Realität, in der sie aufgewachsen sind. Es fällt ihnen schwer, sich eine andere Welt vorzustellen, denn sie kennen kein Leben ohne Internet und modernste Kommunikationsmittel. Die älteren Generationen, die unter vollkommen anderen Bedingungen gelebt haben, tun sich wiederum schwer, den gewaltigen Wandel im Wertesystem, Verhalten und in der Art der Verständigung zu begreifen und zu akzeptieren, die die moderne Technologie mit sich bringt. Ein möglicher Ansatz für einen Brückenschlag zwischen diesen unterschiedlichen Welten könnte sein, zu untersuchen, wie das Aufwachsen inmitten moderner Technologien die Zoomer geprägt hat. Im Folgenden wollen wir dies anhand einiger gängiger Meinungen über die Gen Z überprüfen. Damit ist gleichwohl keine umfassende Generationen-Analyse gemeint, vielmehr sollen einige Themen eher allgemein abgeklopft werden und damit einen Einstieg in die weitere Beschäftigung mit dem Thema ermöglichen. Nicht allem muss man zustimmen, aber es lohnt, die Argumente zu kennen und darüber nachzudenken.


„Die sitzen doch eh nur über ihre Handys gebeugt und reden nicht einmal miteinander“

Für Angehörige früherer Generationen (mit Ausnahme der Millennials) sind die modernen Technologien ein Extra in ihrem Leben: Kommunikationsmittel, Unterhaltung, Einkaufshilfe. Die Zoomer leben in zwei Welten, einer Online-Welt und einer Offline-Welt, die für sie gleichwertig sind. Diejenigen von uns, die vor der Ära des Internets geboren wurden, können sich das nur schwer vorstellen, denn sie mussten sich die neuen Möglichkeiten Schritt für Schritt erobern – die Generation Z ist damit groß geworden. Für sie findet die ganze Welt und alles, was sie braucht im Internet statt, und den einfachsten Zugang bietet das Handy. Deshalb starren die jungen Leute ständig darauf, denn dort spielt sich ihr Leben ab, und zwar in jeder Hinsicht – ob es uns gefällt oder nicht. Mit dem Handy in der Hand eignen sie sich Wissen an, haben Spaß, informieren sich über die neuesten Trends und bauen Beziehungen zu Gleichaltrigen auf. Eine Folge der Dominanz digitaler Kommunikation ist, dass junge Menschen immer weniger Zeit in der realen Welt und immer mehr Zeit in der virtuellen Welt miteinander verbringen. Verschärft wurde die Situation durch die Corona-Pandemie, als die Menschen zu Hause bleiben mussten und gezwungen waren, den Kontakt zu anderen mit Hilfe elektronischer Geräte zu halten. Auch wenn es uns seltsam und unnatürlich erscheint, sollten wir daher akzeptieren, dass das Handy nicht nur ein dummer Zeitvertreib ist, sondern auch eine Möglichkeit, mit Menschen und mit der Welt in Kontakt zu treten. Wie alles im Leben hat natürlich auch das Handy seine Schattenseiten, z. B. kann sein Gebrauch Informations- und Reizüberflutung oder Suchtverhalten begünstigen. Das sind wichtige Themen, über die man sprechen und denen man entgegenwirken muss, jedoch sollte dies auf eine Weise geschehen, die die Welt der Zoomer und die Art, wie sie diese Welt erleben, nicht abwertet.


„Das Leben ist nicht Instagram“

So scheint es zumindest den früheren Generationen. Doch für die Zoomer spielt sich das Leben zu großen Teilen in den sozialen Medien ab. Das hat auch viele positive Seiten. Ein Beispiel ist der digitale Aktivismus der Generation Z, die für ihr ausgeprägtes soziales Engagement bekannt ist und besonders sensibel auf Ungleichheiten und Freiheitsbeschränkungen reagiert. Aber die sozialen Medien haben auch eine zweite, dunklere Seite: Entgegen ihrem ursprünglichen Anspruch, die Menschen einander näher zu bringen, hat ihre Nutzung immer häufiger den gegenteiligen Effekt. Einer der Gründe ist die Bedeutung der Popularität im Netz, die sich in der Anzahl der Follower und Likes unter einem Beitrag oder Reel ausdrückt. Der Versuch, die Anzahl der Likes unter den häufig digital erstellten Bildern anderer Userinner und User zu übertreffen, kann sich jedoch als schwierig erweisen. Auf die Dauer ist das frustrierend, und die Selbstachtung und das Selbstwertgefühl können sinken. Auch die gewaltige Menge an negativen Informationen (Garant für eine hohe Anzahl an Klicks) und die zunehmende Präsenz von Aggressionen und hasserfüllten Kommentaren im Internet tragen nicht zum Wohlbefinden der Zoomer bei. Hinzu kommt eine Polarisierung der Beurteilungen von Userinnen und User nach dem Motto „Bist du für oder gegen uns?“ und die Angst vor einer Kultur der Abwertung, was es nur allzu verständlich macht, dass die tägliche Konfrontation mit dieser Realität negative Auswirkungen auf die Psyche haben kann. Einigen kommt an dieser Stelle vielleicht der Gedanke: „Sollen sie doch aufhören, sie können doch einfach abschalten.“ Es ist nur so: Zwar ist es schwer, in den sozialen Medien zu bestehen, gleichzeitig aber ist es schwer, sich von ihnen fernzuhalten. Für junge Leute, die auf eine Präsenz auf Instagram oder TikTok verzichten, kann es schwierig sein, Beziehungen zu Gleichaltrigen ausschließlich in der realen Welt aufzubauen. Einfach treffen und unterhalten, wenn doch alle nur auf ihre Bildschirme starren? Nicht Teil dieser Welt sein zu wollen, kann schwierige Isolation bedeuten.


„Die wissen doch gar nicht zu schätzen, wie gut es ihnen geht“

Es stimmt, dass die Generation Z unter besseren Bedingungen lebt als die Generationen vor ihr. Ihr Zugang zu Technologien (die die Älteren nur aus den Science-Fiction-Filmen ihrer Jugend kannten) und vielen Waren und Dienstleistungen (von denen frühere Generationen nur träumen konnten) ist enorm. Aber etwas wertzuschätzen, das da war, seit wir denken können und uns daher als die natürlichste Sache der Welt erscheint, ist nicht leicht. Schlüpfen wir kurz in die Rolle des Advocatus Diaboli (oder seiner weiblichen Entsprechung): Wir könnten uns fragen, was von den Dingen unserer eigenen Generation, die frühere Generationen nicht hatten, wir besonders schätzen. Ist es die heiße Dusche jeden Morgen? Oder die Unmenge an Fernsehkanälen? Im Alltag machen sich die meisten von uns darüber wohl selten Gedanken. Aber ist die Generation Z hier tatsächlich so viel besser dran? Diese Frage lässt sich eindeutig kaum beantworten, vor allem, wenn wir an die psychischen Probleme der Zoomer denken, die immer öfter Thema sind, oder an die in ihrer Generation (im Vergleich zu früheren Generationen) besonders hohe Zahl der Selbstmorde und Selbstmordversuche, Depressionen und Selbstverletzungen. Auch wenn die Welt sich ständig weiterentwickelt und ein immer besserer Ort zum Leben zu sein scheint, geht es den Teenagern von heute vermutlich nicht besonders gut. Viel wird über die Einsamkeit junger Menschen gesprochen, mit der möglicherweise bis zu 60 Prozent von ihnen zu kämpfen haben.3 Wahrscheinlich spielen hierbei viele Faktoren eine Rolle, darunter die Corona-Pandemie, der allgegenwärtige hohe Stresslevel, der Krieg in der Ukraine, Krisen in den Familien, schulische Gewalt und geringes gesellschaftliches Vertrauen. Der wichtigste Punkt aber ist wohl die Entwicklung der modernen Technologien. Studien mit Jugendlichen in verschiedenen Ländern belegen, dass die Zunahme der empfundenen Einsamkeit mit einer Zunahme des Zugangs zu Smartphones und der online verbrachten Zeit einhergeht.4 Mit anderen Worten: Verantwortlich für die Verschlechterung der psychischen Gesundheit der Zoomer sind die digitalen Medien und die Zeit, die sie mit ihnen verbringen. Dies lohnt es zu bedenken, wenn uns ein „du weißt ja gar nicht, was für ein gutes Leben ihr habt“ auf der Zunge liegt. Trotz aller Entwicklungen hat die moderne Welt die Probleme der Jugendlichen nämlich leider nicht beseitigt, sondern vielleicht sogar noch verschärft – und das in einem Ausmaß, das wir uns nur schwer vorstellen können.


Pädagogische Arbeit mit Zoomern

Für die pädagogische Arbeit mit Menschen – ganz gleich, ob es sich um Jugendliche oder Erwachsene handelt – gibt es keine einfachen Rezepte. Ausgangspunkt sollte immer sein, über uns selbst und – im Falle der Arbeit mit Jugendlichen – auch über unsere Beziehung zur Generation Z nachzudenken: Wie nehmen wir die jungen Leute wahr? Wie sehen wir uns selbst? Was für eine Welt wollen wir gemeinsam gestalten? Folgende Anregungen können helfen, um der jungen Generation auf gemeinsamen Wegen zu begegnen.

  • Wir sollten anerkennen und akzeptieren, dass die Unterschiede zwischen den Generationen natürlich sind. Jede Generation ist anders (nicht besser oder schlechter, nur anders), weil die Bedingungen, unter denen sie aufgewachsen ist und die sie geprägt haben, eine jeweils andere ist.
  • Zu bedenken ist, dass die Generation Z sich nicht selbst erschaffen hat: Sie ist, wie sie ist, weil sie unter genau den Bedingungen aufgewachsen ist, die vorangegangene Generationen für sie geschaffen haben (die sozialen Medien wurden nicht von den Zoomern erfunden, sondern von Mark Zuckerberg, einem Vertreter der Generation X).
  • Akzeptieren wir, dass Generationenkonflikte natürlich und sogar notwendig sind: Sie ermöglichen es den aufeinanderfolgenden Generationen, die jeweils eigene Identität und Unabhängigkeit zu behaupten, indem sie etablierte Normen und Autoritäten in Frage stellen. Gleichzeitig sollten wir vermeiden, bei jeder Gelegenheit zu erklären, dass frühere Generationen besser sind als die nachfolgenden. Jede Generation hat ihre Stärken und Schwächen. Jede. Um dies besser zu verstehen, lohnt es, die eigene Generation etwas genauer zu betrachten: Worin ist sie gut? Wo liegen ihre Stärken, Was gelingt ihr weniger gut?
  • Es ist ratsam, kritische Bemerkungen à la „Meine Güte, die verstehen aber auch gar nichts!“ oder „Wie sollen die eigentlich jemals als Erwachsene zurechtkommen?“ zu vermeiden. Kommen uns solche Gedanken in den Sinn oder rutschten sie uns gar heraus, sollten wir innehalten und uns daran erinnern, dass Ähnliches auch über unsere Generation gesagt wurde. Und was ist aus uns geworden? Wir haben es überlebt und kommen zurecht. So wird es auch diese neue Generation erleben. Sie wird ihren eigenen Weg gehen und wahrscheinlich einen ganz anderen als wir (noch einmal: anders heißt nicht schlechter), aber sie wird ihn finden.
  • Wir sollten akzeptieren, dass die Generation Z sich nicht ändern wird, weil wir dies für richtig halten. Sie hat ein Recht auf ihr Leben, ihre Geschichte und ihre Entscheidungen. Vermutlich hätten auch wir uns schwer damit getan, uns zu ändern, nur um den Erwartungen der Generationen vor uns gerecht zu werden. Den Zoomern, die ihren eigenen Weg gehen wollen und sollen, geht es genauso.
  • Machen wir uns bewusst, dass die Generation Z, wie jede Generation vor und nach ihr, eine große Vielfalt aufweist. Auch die in diesem Beitrag genannten Punkte werden nicht auf alle Zoomer zutreffen. Das Gegenteil anzunehmen wäre Stereotypisierung. Dies ist bequem, aber für gewöhnlich weit von der Realität entfernt. Für die Betroffenen kann es zudem verletzend sein, denn wir schreiben ihnen Eigenschaften zu, die möglicherweise unzutreffend sind, und werfen sie dann auch noch alle in einen Topf und nehmen ihnen so ihre Einzigartigkeit.
  • Machen wir uns klar, welches die positiven Eigenschaften sind, die wir mit der Generation Z verbinden. Wir sollten lernen, diese wahrzunehmen und zu schätzen. Nicht nur auf dem Papier und im Kopf, sondern in unserem täglichen Handeln.
  • Es lohnt, darüber nachzudenken, was ich selbst, als Angehörige oder Angehöriger einer früheren Generation, von den Zoomern lernen kann: Vielleicht kann ich mir ein Beispiel an ihnen nehmen, wie ich besser auf mich selbst aufpasse, indem ich mich in verschiedenen Situationen selbstbewusst weigere, bei etwas mitzumachen. Oder sie können mir helfen, die nicht immer verständliche und sich ständig weiterentwickelnde Welt der neuen Technologien und der künstlichen Intelligenz, die drohende Klimakatastrophe und die damit verbundenen Ängste besser zu verstehen. Schließlich kann ich von ihnen lernen, wie ich in einer Welt zurechtkomme, die überaus vielfältig ist – dazu gehört zum Beispiel auch, die Vielfalt nichtbinärer Geschlechtsidentitäten zu verstehen. Aber auch die Frage, was die Zoomer von mir, als Angehörige oder Angehöriger einer früheren Generation, lernen können und was ich in ihr Leben einbringen kann, ohne ihnen mein Narrativ aufzudrängen, ist es wert, gestellt und beantwortet zu werden.
  • Verabschieden wir uns von der These, dass die Generation Z es von allen Generationen am leichtesten hat und dies weder erkennt noch zu schätzen weiß. Vielleicht hat jede Generation es besser als die vorangegangene, aber auch sie steht vor Herausforderungen und Problemen. Nur weil sich diese von unseren unterscheiden, heißt das nicht, dass sie kleingeredet und abgewertet werden können.

Jugendbegegnungen gestalten

  • Die Generation Z setzt ihre Grenzen deutlicher als frühere Generationen, daher ist es sinnvoll die Teilnehmenden zu fragen, womit sie sich während der Begegnung beschäftigen wollen und wie diese Beschäftigung aussehen soll. Mit anderen Worten: Es ist wichtig, die Bedürfnisse der Jugendlichen abzufragen und zu berücksichtigen. Da unsere Generationen so unterschiedlich sind, haben wir als Erwachsene möglicherweise andere Vorstellungen von einem guten und interessanten Austausch als die Jugendlichen. Ein Museumsbesuch? Vielleicht. Aber vielleicht haben die Teilnehmenden auch einen interessanteren Vorschlag, etwa ein Gespräch über Themen, die in ihrer Welt eine wichtige Rolle spielen, z. B. Fragen der Geschlechtsidentität und Nicht-Binarität oder Aspekte der Klimakatastrophe. Wenn diese Themen für uns neu sind, sollten wir uns darauf vorbereiten, oder wir können die Jugendlichen bitten, das Thema aus ihrer Sicht darzustellen. Dies wäre ein Beispiel für generationenübergreifendes Lernen und den Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen.
  • Sinnvoll sind kürzere und abwechslungsreiche Einheiten. Sie helfen den Jugendlichen, bei der Sache zu bleiben, denn, aufgewachsen in einer digitalen Welt mit schnellem Zugang zu Inhalten, haben sie weniger Geduld für lange Prozesse, eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne und ein verstärktes Bedürfnis nach Belohnung.
  • Da es vielen Zoomern schwer zu fallen scheint, persönliche zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, sollte mehr Zeit und Raum eingeplant werden, damit sich die Gruppe in einem geschützten Raum besser kennenlernen kann (längere Übungen zur Gruppenintegration).
  • Bei der Programmgestaltung einer Begegnung mit Teilnehmenden der Generation Z ist es sinnvoll, Dinge einzubeziehen, die für die Jugendlichen Teil ihres Alltags sind. Statt also Handys als böse abzutun und damit eine natürliche Abwehrreaktion der Teilnehmenden zu provozieren, können sie als pädagogisches Hilfsmittel genutzt werden, zum Beispiel bei einem Stadt- oder Geländespiel. So zeigen wir den Jugendlichen neue Möglichkeiten auf, wie sie die Dinge, die Teil ihres Alltags sind, nutzen können.

Schlussbemerkungen

Die dynamische technologische Entwicklung hat dazu geführt, dass sich, anders als in früheren Jahrzehnten, die Lebensrealitäten der aufeinanderfolgenden Generationen sehr voneinander unterscheiden. Nicht immer vermögen die älteren Generationen, die Welt ihrer Kinder oder Enkelkinder verstehen, und können jüngere Generationen – im gleichen Maße wie früher – von Erwachsenen lernen. Obwohl sich das seit langem vertraute Muster, wonach das Wissen früherer Generationen den jungen Leuten dabei hilft, sich in der Welt zurechtzufinden, umkehrt, sind die Erfahrungen der Älteren nach wie vor von großem Wert.

Um die heutige Welt zu verstehen und die Zukunft zu gestalten, bedarf es der Zusammenarbeit aller Generationen. Anstatt sich also auf das Trennende zu konzentrieren und Unterschiede als Hindernis zu betrachten, sollten wir versuchen, eine Realität zu schaffen, in der die Generationenvielfalt einen Wert und ein Potenzial für uns alle darstellt.


  • 1 Wenn wir über Generationen sprechen (Gen X, Millennials usw.), verwenden wir Bezeichnungen, die zwangsläufig Verallgemeinerungen ausdrücken (es sei denn, wir beziehen uns auf Studien, die quantifizierte Unterschiede belegen). Jede Generation (Gen X, Zoomer, Alphas) ist, wie jede andere Gruppe auch, in sich vielfältig. Wenn ich über die die Generation Z schreibe, möchte ich bestimmte Tendenzen und Einstellungen aufzeigen, die für diese Generation charakteristisch sind. Gleichwohl bin ich keineswegs der Ansicht, dass alle Angehörigen dieser Generation ein Idealbild ihrer Gruppe abgeben. Das wäre klischeehaft.
  • 2 Tadeusz Sobierajski, Magdalena: Pokolenia [Generationen]. Poznań: Wydawnictwo Filia, 2023, S. 124.
  • 3 Online-Artikel: „Ponad połowa pokolenia Z odczuwa samotność. Media społecznościowe zniszczyły młodych?”
  • 4 Jean M. Twenge: Generations: The Real Differences Between Gen Z, Millennials, Gen X, Boomers, and Silents – and What They Mean for America’s Future. New York: Atria Books, 2023.

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